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Wir gestalten mit – Gründung eines Klient:innen-Beirats im Notdienst Berlin e.V.

Veröffentlicht am 25.09.2024

Vier Personen (eine Frau und drei Männer) in unterschiedlichem Alter sitzen an einem Biertisch im Garten. Auf dem Tisch stehen Gläser, Getränke und ein Laptop.
Foto: Notdienst für Suchtmittelgefährdete und -abhängige Berlin e.V.

An einem heißen Spätsommertag in Berlin versammeln sich vier Klient:innen im Garten der tageswerkstatt des Notdienst für Suchtmittelgefährdete und -abhängige Berlin e.V. (Notdienst Berlin e.V.) in Schöneberg. Henriette, Mitarbeiterin im Projekt Parino, begrüßt sie herzlich. Wasser, Kaffee und Kekse stehen bereit, und auch ein Flipchart wurde in den Garten getragen. Heute steht das Thema Finanzen auf der Tagesordnung.

Die Teilnehmenden kennen sich bereits gut, da sie sich seit über einem Jahr regelmäßig treffen, um einen Klient:innen-Beirat im Notdienst Berlin e.V. zu gründen. Dieses Gremium soll als offizielles Organ des Vereins etabliert werden und den Klient:innen die Möglichkeit geben, aktiv an der Gestaltung der angebotenen Leistungen mitzuwirken. Sie können eigenständig Themen einbringen, die dann in der Runde diskutiert werden. Gemeinsam wird ermittelt, welche Schritte notwendig sind, um Veränderungen zu erzielen.

Der Startschuss war vor einem Jahr, seitdem wurde viel erreicht

Der Weg zur Gründung eines Klient:innen-Beirats startete vor gut einem Jahr. In einem ersten Schritt fanden kleinere Arbeitsgruppen statt, in denen bereits einiges erreicht wurde. Ein Klient erinnert sich: „Der größte Erfolg bisher war, dass wir nun eigene Möbel mitbringen dürfen und so unsere Zimmer persönlicher gestalten können.“ Zuvor war die Einrichtung im betreuten Wohnen schlicht und unpersönlich, jetzt fühlt es sich für die Bewohnenden wohnlicher und mehr wie ein Zuhause an. Ein weiteres Thema, das in den Arbeitsgruppen diskutiert wurde, war die Frage, ob Haustiere in den betreuten Wohnungen erlaubt werden sollten. Ein Klient setzte sich erfolgreich dafür ein, dass er seine Katzen für zwei Wochen zu sich holen durfte, anstatt sie weiterhin bei einer Freundin unterbringen zu müssen.

Eine Frau mit blonden Haaren steht an einer Flipchart und schreibt mit einem schwarzen Edding Punkte eines Treffens auf.
Foto: Notdienst für Suchtmittelgefährdete und -abhängige Berlin e.V.
Vier Personen sitzen an einem Biertisch im Garten und diskutieren miteinander.
Foto: Notdienst für Suchtmittelgefährdete und -abhängige Berlin e.V.

Das eigene Umfeld aktiv mitgestalten

Die Arbeitsgruppen und der künftige Beirat bietet den Klient:innen nicht nur eine Plattform, um ihre Anliegen zu äußern, sondern stärkt auch ihr Selbstbewusstsein. „Man tritt einfach selbstbewusster auf, wenn man so eine Institution wie den Beirat hinter sich weiß“, bemerkt ein Klient. Tatsächlich geht es hier um mehr als nur Mitbestimmung – es geht um Selbstermächtigung und die Möglichkeit, das eigene Umfeld aktiv mitzugestalten.

Der nächste große Schritt ist die anstehende Wahl zum Beirat. Einige letzte Themen müssen noch diskutiert werden, darunter die Planung der Finanzen, die heute auf der Tagesordnung stehen. Henriette erfasst die wichtigsten Punkte auf einer Flipchart. Diskutiert werden unter anderem eine mögliche Aufwandsentschädigung für die Beiratsmitglieder sowie Mittel für Büromaterial, Fahrtkosten, gemeinsame Aktivitäten und die Werbekampagne für die bevorstehende Wahl. „Woher kommt das Geld?“, fragt ein Klient in die Runde. Henriette erklärt, dass der Verein überlegt, ob er eine Förderung beantragen oder das Budget intern stemmen kann. Die Diskussion ist lebhaft, aber respektvoll. Jeder Teilnehmende kommt zu Wort und wird gehört.

Ein Beirat ohne Hierarchien – alle haben die gleichen Rechte

Im Herbst steht nun die erste Wahl des Beirats an. Wer kandidieren möchte, muss einen Steckbrief verfassen, der gemeinsam mit den Wahlunterlagen verteilt wird. Die Idee, die noch final abgestimmt werden muss, ist, dass sowohl Klient:innen als auch Mitarbeitende der Einrichtungen wählen dürfen. „Die Amtszeit wird zwölf Monate betragen“, erklärt Henriette, „und die Sitzungen sind auch für Nicht-Mitglieder offen, die ihre Themen einbringen können. Stimmberechtigt sind aber nur die gewählten Mitglieder.“ Hierarchien wird es im neuen Beirat nicht geben – alle haben die gleichen Rechte und Pflichten.

Die Geschäftsführung des Notdienstes Berlin e.V. steht dem Projekt positiv gegenüber. „Das Thema ist im Verein noch relativ neu“, erklärt Henriette, „aber die Offenheit der Geschäftsführung ist da.“ Diese Unterstützung von oben gibt dem Projekt Rückenwind und schafft eine positive Atmosphäre für die zukünftige Arbeit.

Und wie sieht es mit dem Interesse der Klient:innen aus? Ein Teilnehmer äußert seine Hoffnung: „Ich glaube, wenn mehr Leute sehen, dass man hier wirklich etwas bewegen kann, werden sich auch mehr für den Beirat interessieren.“

An diesem Tag wird nicht nur über Finanzen diskutiert: Es entsteht eine neue Form der Mitbestimmung und Selbstermächtigung, die den Klient:innen des Notdienst Berlin e.V. ermöglicht, ihre Lebensumstände aktiv zu gestalten.

Notdienst für Suchtmittelgefährdete und -abhängige Berlin e.V.

Der Notdienst für Suchtmittelgefährdete und -abhängige Berlin e.V. (Notdienst Berlin e.V.) wurde 1984 gegründet und wendet sich mit seinen Hilfeangeboten an Menschen mit einer Substanzgebrauchsstörung. Auch nicht sucht-erkrankte Personen, die ihr Konsumverhalten reflektieren oder verändern wollen, sind willkommen. Zusätzlich informiert der Verein Kinder, Angehörige und Fachkräfte über Wirkungen und Risiken von Substanzkonsum.

„Engagiert für Demokratie und Zusammenhalt“ – Social-Media-Kampagne im September

Den gesamten September 2024 läuft unsere Social Media-Kampagne, die das Engagement für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Mittelpunkt rückt. Unter dem Motto „Engagiert für Zusammenhalt und Demokratie“ und dem Hashtag #GemeinsamStark präsentieren wir inspirierende Projekte, spannende Fakten und laden euch zum Mitmachen ein.

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